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Was ist Minimalismus? Gibt es eine Definition dafür? Ist es ein flüchtiger Trend? Oder eine nachhaltige Lebenseinstellung? Ist es etwas Gutes, worauf man stolz sein kann? Oder steckt nur Egoismus dahinter? Die gute Neuigkeit zuerst: In Deutschland ist das Wort Minimalismus in den letzten Jahren oft aufgetaucht. In sämtlichen Fernsehbeiträgen, Büchern, Podcasts und Zeitungsartikeln wird das Thema Minimalismus thematisiert. Aber was ist was, wonach Menschen streben, wenn sie von Minimalismus reden?

„Minimalism is a tool that can assist you in finding freedom. Freedom from fear. Freedom from worry. Freedom from overwhelm. Freedom from guilt. Freedom from depression. Freedom from the trappings of the consumer culture we’ve built our lives around. Real freedom.“

– Joshua & Ryan von The Minimalists (www.theminimalists.com)


Die Ausgangssituation: Unsere Gesellschaft

Minimalismus bedeutet Freiheit. Frei darüber entscheiden zu können, wie man sein Leben gestalten möchte.

Das hört sich im ersten Moment vielleicht etwas unspektakulär an, denn uns schreibt hierzulande ja niemand vor, wie wir leben sollen. Ja, aber genau hier versteckt sich die erste große Herausforderung: Zu erkennen, dass wir insgeheim doch geleitet werden vom kapitalistischen System, besser bekannt als die „Wegwerfgesellschaft“.

Minimalismus und Wirtschaft

Fakt ist: Es fließt viel Geld in die Vermarktung von Produkten. Klamotten werden immer günstiger; Blusen sind schon ab 3 Euro in der Stadt erhältlich. Das ganze Jahr über gibt’s exotische Früchte zu Niedrigpreisen im Supermarkt. Wie kommt das alles? Und vor allem: Warum das alles?

Minimalismus und Psychologie 

Fakt ist: Wenn der Mensch sich an etwas erfreut, schüttet sein Gehirn Dopamin aus. Diese Dopamin-Ausschüttung erleben die meisten Menschen, wenn sie Dinge tun, die sie glücklich machen. Doch was passiert, wenn wir davon nicht genug bekommen? Wir werden süchtig. Wir wollen immer mehr.

Nicht anders verhält es sich mit dem Besitz. Fast jeder kennt die Freude nach einem langen Shoppingtag, wenn man seine Ausbeute Zuhause auspackt und sich an den neuen Klamotten erfreut. Oder die neuen Computerspiele ausprobiert. Oder die neuen Bücher zu den alten Büchern stapelt. Besitz macht scheinbar glücklich. Aber ist das wirklich so? Und falls ja, wie lange hält diese Glücksgefühl wohl an?

Minimalismus als Ideal

Um Missverständnisse zu vermeiden: Minimalismus bedeutet nicht, nie wieder shoppen gehen zu dürfen. Es bedeutet auch nicht, alles wegschmeißen zu müssen, was einem lieb ist. Und schon gar nicht bedeutet es, mit erhobenem Zeigefinger auf Menschen zu zeigen und sie für ihre Unachtsamkeit zu verurteilen.

Minimalisten wollen frei sein. Sie wollen Dinge nicht besitzen, weil sie müssen, sondern weil sie wollen. Sie wollen aber vor allem eins: ohne Besitz glücklich sein. Ganz ohne geht es natürlich nicht, denn ein Bett zum Schlafen braucht ja jeder. Aber was der Minimalist wirklich will, ist: Das Glück in sich selbst finden und nicht in den materiellen Dingen, von welchen er umgeben ist.

Der Minimalist will die Menschen und Momente um ihn herum wertschätzen. Er will sein Geld für dafür ausgeben, die Welt zu sehen oder gut zu essen. Er will nicht Gegenstände sammeln, sondern Lebensereignisse. Er will leben.

Minimalismus und Bewusstsein

Fakt ist: Freiheit bedeutet, lebenswichtige Entscheidungen bewusst treffen zu können. Bewusst meint hier, dass man komplett unvoreingenommen sein kann. Unbeeeinflusst. Unmanipuliert. Allein man selbst als Schöpfer seines eigenen Lebens.

Bewusst zu leben bedeutet, sich mit seinen Werten, Gefühlen und Gedanken auseinanderzusetzen und zu erfahren, wer oder was wirklich in einem steckt. Herauszufinden, was man will – und was nicht. Auf eine wunderschöne Entdeckungsreise mit sich selbst zu gehen und sich nicht durch Zugehörigkeitsgefühle oder materielle Wünsche hemmen zu lassen.

Minimalismus und Nachhaltigkeit

Fakt ist: Unsere Erde ist ein besonderer Ort. Man braucht nur einen Blick aus dem Fenster zu werfen und hat – wenn man nicht gerade mitten in der Großstadt lebt – den ultimativen Beweis dafür, wie vollkommen unsere Natur sein kann. Doch auch wer in der Großstadt lebt, kann etwas erkennen: Wie sehr wir unsere Welt beschmutzen und überfüllen mit Dingen, die wir nicht einmal langfristig nutzen. Plastik. Biomüll. Klamotten von der letzten Saison.

Was wir unserer Erde, aber auch unserer Spezies antun, ist schlichtweg unverantwortlich.

Wir leben in den Tag hinein und denken nicht an morgen. Schon jetzt gibt es weltweit Trinkwasserprobleme, weil wir Meere beschmutzen. Tierarten sterben aus. Der Klimawandel beeinflusst zunehmend auch unter Leben.

Wie lange können Menschen vor diesen Gegebenheiten die Augen verschließen?

Minimalismus als Bewegung

Es ist wie mit so vielen anderen Dingen im Leben: einer allein macht keinen großen Unterschied, aber wenn alle mit anpacken, kann wirklich etwas geändert werden.

Die Veganer kennen das vielleicht: man selbst verzichtet auf Fleisch, aber wenn alle anderen trotzdem in Unmengen Fleischprodukte zum Schnäppchenpreis konsumieren, wird das am Wirtschaftssystem nichts ändern. Was also tun?

Menschen zeigen, wie mächtig sie eigentlich sind. Ihnen zeigen, wie sie mit einer Prise Achtsamkeit und Wohlwollen mehr erreichen können, als sie sich je erträumt hätten. Sie lehren, Dinge kritisch zu hinterfragen. Ihnen zeigen, wie inspirierend sie damit sein können – für andere Menschen. Eine Bewegung erzeugen.

Denn die Argumente für Minimalismus müssen nicht erfunden werden. Sie sind bereits da. Sie sind Teil unseres Lebens.

Sie müssen nur mehr Aufmerksamkeit bekommen.

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